Zukunft

Der Rückzug der Religionsfreiheit in Europa


Von Marianne Kerzendorfer
Lehrerin für Krankenpflege, Herausgeberin der Missionszeitschrift „Blickpunkt 2000“, Botschafterin der „Hilfsaktion Märtyrerkirche“

 

Das Anliegen dieses Artikels ist nicht, Ängste zu schüren, sondern auf Ereignisse und Trends aufmerksam zu machen, die beunruhigend sind und auch immer mehr antichristliche Züge annehmen. Vor mehr als 100 Jahren hat Ellen G. White auf das drohende Ende der Glaubens- und Gewissensfreiheit weltweit, also auch im „freien“ Westen, aufmerksam gemacht:

Die Gewissensfreiheit, die so große Opfer gekostet hat, wird nicht mehr beachtet werden. Im bald kommenden Konflikt werden sich die Worte des Propheten erfüllen: „Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, zu kämpfen gegen die Übrigen von ihrem Geschlecht, die Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu.“ (Offenbarung 12,17) (Vom Schatten zum Licht, 541)

Intoleranz gegen Christen wächst weltweit

Die Religionsfreiheit ist weltweit auf dem Rückzug. Zum Beispiel warnte die US-Menschenrechtsorganisation Freedom House, dass 2015 das zehnte Jahr in Folge war, in dem Demokratie und Bürgerrechte zurückgingen. Nach ihrer Einschätzung sind im vergangenen Jahr in 72 von insgesamt 195 Staaten die Menschenrechte beschnitten worden.

Gegenwärtig werden weltweit 230 Millionen Christen verfolgt.

Das überkonfessionelle Hilfswerk Open Doors erstellt seit 20 Jahren eine jährliche Rangfolge der 50 Länder, die Christen am meisten verfolgen und diskriminieren, den Weltverfolgungsindex. Der Index soll dazu beitragen, auf die globale Not von Christen aufmerksam zu machen. Gegenwärtig werden weltweit 230 Millionen Christen verfolgt. Open Doors dokumentiert, dass seit 2014 Übergriffe auf Christen deutlich zugenommen haben, am meisten in den islamisch geprägten Staaten des Nahen Ostens.

Insgesamt ist zu beobachten, dass die Christenverfolgung in autoritären Staaten am schwersten ist. Dieser „harte Kern“ umfasst insbesondere Nordkorea, Saudi-Arabien, den Iran und bestimmte Länder in Afrika, im Nahen Osten sowie in Zentral- und Südostasien. Diese Staaten zeichnet neben ihrer autoritären Verfassung aus, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist.

Kurzum: In Staaten, die eine schlechte Menschenrechtslage besitzen, die den Glauben instrumentalisieren und religiösen Hass schüren, ist die Verfolgung besonders groß. Den besten Schutz vor Verfolgung bietet nach wie vor ein Rechtsstaat, der Religionsfreiheit garantiert, nicht zuletzt durch das Prinzip der Trennung von Kirche und Staat.

Religiöse Konflikte in Europa und ihre Ursachen

Die Intoleranz gegenüber Christen nimmt auch in Ländern mit langer demokratischer Tradition zu. Darin stimmten Menschenrechtsexperten bei einem runden Tisch der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) am 4. März 2009 in Wien überein … Wie es auf der Veranstaltung hieß, erlebten Christen in Westeuropa eine Einschränkung ihrer Rechte …“ (Stimme der Märtyrer, Nr. 4, 2009)

Begonnen hatte es mit der Einsetzung einer Enquete-Kommission des deutschen Bundestages von 1996 – 1998 zur Untersuchung sogenannter „Sekten und Psychogruppen“. In den 1990er-Jahren hatte man ein Augenmerk auf Sekten, da man argwöhnte, sie könnten ein Problem für die Allgemeinheit sein. Hier stand besonders Scientology im Visier. Auch in Österreich gab es eine solche Regierungsinitiative.

In Wahrheit sind „Sekten“ ein gesellschaftliches Randphänomen, das nur ca. 0,7 % der Bevölkerung betrifft. Dennoch wurden Ängste geschürt sowie Vorurteile und Feindbilder in Bezug auf Minderheiten geschaffen: Sekten würden „Gehirnwäsche“ und „Bewusstseinskontrolle“ betreiben und ihre Mitglieder psychisch gefährden. Anstatt aber die Allgemeinheit vor einer angeblichen Gefahr zu schützen, wurde damit eher die Religionsfreiheit ausgehöhlt. Die Begriffe „fundamentalistisch“ und „apokalyptisch“ wurden im Zusammenhang mit religiösen Bewegungen zu Schimpfwörtern.

Leider waren nicht nur die echten Sekten von dieser staatlichen „Untersuchung“ betroffen, sondern auch kleinere, wenig bekannte und häufig evangelikale Freikirchen. Es wurde kritisiert, sie würden absolute Dogmen vertreten und wollten den Frauen ihr Recht auf Abtreibung wieder nehmen; von ihnen drohe eine „Tugenddiktatur“. Das Feministen-Blatt Emma verstieg sich sogar zu Vergleichen mit islamischen Mullahs.

Die Vergangenheit zeigt, dass Christenverfolgung mit Diffamierung beginnt.

Nun haben wir aus der Vergangenheit gelernt, dass Christenverfolgung mit Diffamierung beginnt: Im alten Rom mieden Christen das Räucheropfer für den Kaiser, also waren sie Umstürzler und Revolutionäre. Eine antichristliche Stimmung wurde angeheizt. Verfolgung beginnt auch in islamischen Ländern oft mit der Behauptung, die Christen hätten den Koran geschändet und den Propheten beleidigt. Oder man macht ihnen den Vorwurf der Vielgötterei, weil man die Dreieinigkeit missversteht. Solche Anschuldigungen führen dazu, dass Hemmungen abgebaut werden. Christen sind plötzlich Unpersonen, die keinen Schutz mehr genießen.

Doch diesen Trend, Christen zu verleumden oder ihnen Dinge zu unterstellen, gibt es auch im heutigen Europa. Ein Grund dafür ist, dass unsere Gesellschaft immer mehr an christlicher Substanz verliert. Dabei geht es nicht nur um den Rückgang von Kirchenmitgliedern und bekehrten Christen, sondern auch um die Glaubensinhalte. Die Zehn Gebote, die Gleichnisse Jesu, die biblischen Geschichten – alles Dinge, die früher präsent waren – sind aus der allgemeinen Wahrnehmung verschwunden. Diese Unwissenheit in Glaubensdingen birgt die Gefahr, dass vieles unkritisch aufgenommen wird, was Christen angeblich glauben, auch Unwahrheiten.

Die radikale Säkularisierung, das Wiedererstarken atheistischer Strömungen und Formen von Political correctness nennen Experten als weitere Gründe für Intoleranz. So gilt Religion als Gefahr für den Frieden, weil sie angeblich nur Streit erzeugt. Bibelreligion ist ohnehin hoffnungslos unpopulär; sie wird nicht mehr als Bereicherung des Lebens, sondern nur noch als Einschränkung gesehen. Vorurteile gegen Christen scheinen die letzten sozial akzeptierten Vorurteile in Europa zu sein. Auf der Webseite www.christianophobia.eu sind Fälle dokumentiert, in denen aus einem Vorurteil konkrete Intoleranz wurde.

Ist die Wahrheit zu sagen „Hassrede“?

Der ständige Vorwurf der Intoleranz ist eine Gefahr für die Religionsfreiheit.

Noch ein anderer Hintergrund muss beleuchtet werden: Was bedeutet es für die Religionsfreiheit, wenn Christen oder Menschen anderen Glaubens aus vermeintlichen Toleranzgründen keinen Wahrheitsanspruch mehr für ihre Religion erheben dürfen? Der ständig im Raum stehende Vorwurf der Intoleranz ist eine Gefahr für die Religionsfreiheit heute. Denn Religions- oder Meinungsfreiheit heißt ja: Jede Meinung und jeder Widerspruch dürfen geäußert werden. Ich darf sagen, Christentum ist wahr, und jeder darf das Gegenteil sagen. Der Postmodernismus löst das auf – und damit die Religionsfreiheit gleich dazu. Das geht so: Wenn ich dem Moslem sage, dass er irrt, dann ist das laut den Postmodernisten eine Gewalttat oder „Hassrede“ und muss verboten werden.

In diese Richtung gehen tatsächlich schon Gesetzesentwürfe in Brüssel, die besagen, man darf anderen Religionen nicht widersprechen. Weil man diese Grenze zwischen Meinungsäußerung und wirklicher Gewalt- oder Unrechtstat aufgelöst hat, verlieren wir die Meinungs- und die Religionsfreiheit. Brüssel geht ganz klar in diese Richtung. Das ist politisch dramatisch und wird, wenn es so weitergeht, zu erheblichen Bedrängnissen führen. (Daniel v. Wachter, „Religions- und Meinungsfreiheit“, Christliches Medienmagazin pro, 3/2016)

Diese Entwicklung bringt uns in Konflikt mit dem Missionsauftrag Jesu: „Lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe“ (Mt 28,20). Das Christentum hat mit dem Evangelium eine Lehre im Zentrum, die vertreten werden muss. Sie darf nicht gegen einen verkehrten Begriff von „Liebe“ ausgespielt werden, auf die Art: „Wenn ich Liebe üben will, darf ich niemandem widersprechen.“ Wo kämen wir denn da hin? Gott meint es gut und will den Menschen retten, indem er ihn aus seiner Sünde herauslöst, damit er umkehrt und Buße tut. Also muss Sünde auch beim Namen genannt werden!

Aber nun heißt es in der EU-Charta der Grundrechte in Artikel 21:

Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.

Auffällig ist, dass „sexuelle Ausrichtung“ erst am Schluss kommt. Und man weiß auch, dass die Bestrebungen zu solchen Gesetzen gerade von Homosexuellen-Verbänden ausgehen. Ihnen geht es um das zuletzt Aufgezählte. Das andere ist mehr oder weniger „Beiwerk“, denn es war auch bisher gesetzlich geschützt. Darf man also jetzt nicht mehr sagen: „Wenn du deine Sünde nicht lässt – und dazu gehören auch Pädophilie, Sodomie, Missbrauch, Perversionen und Unmoral –, kannst du nicht gerettet werden?“ Paulus schreibt:

Irrt euch nicht: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Weichlinge, noch Knabenschänder, weder Diebe noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden das Reich Gottes erben. (1. Korinther 6,9.10)

Hier tut sich ein Konflikt zwischen „Nichtdiskriminierung“ und der Meinungsfreiheit auf.

Das ist eine ernste Entwicklung. Hier tut sich ein Konflikt zwischen dem „Nichtdiskriminierungs-Gesetz“ und der ebenfalls gesetzlich verankerten Meinungs-, Glaubens- und Religionsfreiheit auf. In diesem Sinne werden in der Folge Evangelisation und Mission unmöglich gemacht. Übrig bleibt nur ein „Wohlfühl-Evangelium“, das Sünde nicht mehr als Sünde und Irrtum nicht mehr als Irrtum bezeichnet und darum auch niemanden von seinen Sünden errettet. Und dann braucht man eine Schablone, die aufzeigt, dass man nur noch Bestimmtes sagen darf und anderes nicht mehr – einen „Verhaltenskodex für Bekehrungen“! Wir haben zwar noch kein Predigtverbot, aber das könnte bei einer zukünftigen Verschärfung solcher Gesetze auch noch ins Haus stehen.

Humanismus total

Letztlich müssen wir uns die weltanschaulichen Grundlagen des neuen Europas betrachten. Die EU-Verfassung war nicht unumstritten. Was ist in der Präambel zu lesen?

… schöpfend aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben … (Vertrag von Lissabon, 1.12.2009)

Woraus schöpft man hier? Aus dem Wort Gottes? Nein, von Gott ist keine Rede, nicht einmal von den christlichen Wurzeln Europas. Die zentrale Stellung des Menschen wird betont. In Artikel 2 des EU-Vertrags heißt es weiter:

Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.

Europa hat die Werte eines atheistischen Humanismus für verbindlich erklärt.

Das klingt positiv. Aber wer sich ein wenig mit weltanschaulichen Hintergründen auskennt, erkennt dahinter die Handschrift der Freimaurer: Toleranzgedanken, keine absolute Wahrheit, aber totaler Humanismus (alle Religionen gleichwertig, kein exklusiver Weg zu Gott). Hiermit hat man die Werte eines atheistischen Humanismus in Europa für verbindlich erklärt.

Gefährliche Schöpfungslehre?

Noch ein anderer antichristlicher Meilenstein ist erkennbar: Der Europarat verurteilt die biblische Schöpfungslehre. 2007 veröffentlichte die parlamentarische Versammlung des Europarates eine Resolution mit dem Titel Die Gefahren des Kreationismus in der Bildung, wo Stellung bezogen wurde, was in dem Zusammenhang in Schulen unterrichtet werden darf. Man höre genau hin, wie sich hier ein politisches Gremium in Glaubensinhalte einmischt:

Wenn wir nicht aufpassen, werden kreationistische Fundamentalisten zu einer direkten Bedrohung für die Werte werden, die dem Europarat seinen eigentlichen Charakter geben. (Resolution 1580, The dangers of creationism in education, Punkt 18)

Hier wird eine willkürliche Verbindung hergestellt. Wie sollte der Schöpfungsglaube europäische Werte bedrohen? Doch es kommt noch schlimmer:

[Die Evolutionslehre] zu verleugnen, kann ernsthafte Konsequenzen für die Entwicklung unserer Gesellschaften haben. Fortschritte in medizinischer Forschung und die Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie Aids sind unmöglich, wenn alle Prinzipien der Evolution abgelehnt werden. Man kann die Risiken durch die signifikante Abnahme der Artenvielfalt und den Klimawandel nur voll erfassen, wenn man die Mechanismen der Evolution versteht. (Punkt 11)

Der Krieg gegen die Evolutionstheorie und ihre Vertreter entspringt meistens Formen von religiösem Extremismus, die eng mit rechtsradikalen politischen Bewegungen verbunden sind. (Punkt 13)

Hier wird also der Christ, der an die Schöpfung glaubt, als fortschrittsfeindlich und rechtsradikal abgestempelt, obwohl Glaube und Politik nichts miteinander zu tun haben. Gerade die Verbindung von Schöpfungsglaube und dem anrüchigen Rechtsradikalismus ist ein Totschlagargument, denn wer möchte mit solchen Menschen schon etwas zu tun haben?

Christen, die an die Schöpfung glauben, werden als fortschrittsfeindlich und rechtsradikal abgestempelt.

Wenn die Europapolitiker schon die Schöpfungslehre so negativ darstellen, wie werden sie dann erst den in der Schöpfung begründeten Sabbat beurteilen? Es ist zu befürchten, dass bibeltreue Christen eines Tages wie im alten Rom als „Feinde der Gesellschaft“ angesehen werden, wenn sie das Wort Gottes noch ernst nehmen. Auch daran erkennt man die Endzeit: Es geschieht wieder das Gleiche wie am Anfang!

Die neue Toleranz

Dazu kommt schließlich noch ein gewandelter Toleranzbegriff. Unter Toleranz versteht man ursprünglich die Fähigkeit, in einem großen Maß Widerspruch zu ertragen, wie unser Vorbild Jesus Christus:

Betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat … (Hebräer 12,3)

Toleranz heißt, dass unterschiedliche und sogar gegensätzliche Gruppen, Mehrheiten wie Minderheiten, das Dasein des anderen ertragen und sich trotz der Unterschiede respektieren. Die größte Toleranz zeigt Gott selbst gegenüber dem rebellischen Menschen. Er erträgt es, dass seine Gebote mit Füßen getreten werden. Echte Toleranz bedeutet daher auch ein gewisses Maß an Leidensbereitschaft.

Die Postmoderne aber fordert von allen Anpassung. Religiöse Haltungen sollen aufgegeben oder zumindest nicht mehr öffentlich vertreten werden. Religiöse Gruppen, die ihren Wahrheitsanspruch nicht preisgeben, sollen diskriminiert und unter Umständen bestraft werden.

Einhellig wurde beim runden Tisch der OSZE am 4.3.2009 in Wien festgestellt, dass die Intoleranz gegenüber Christen auch in Ländern mit langer demokratischer Tradition zunimmt. Es gibt inzwischen zahlreiche dokumentierte Fälle, wo aus Vorurteilen handfeste Intoleranz wurde. Wie sagte ein amerikanischer Verfassungsrichter: „Wenn wir das Recht verlieren, anders zu sein, verlieren wir das Recht, frei zu sein.“

„Christianophobie“ in Europa

In Wien existiert ein weltweit einmaliges Institut, das „Dokumentationsarchiv der Intoleranz und Diskriminierung von Christen in Europa“ (www.intoleranceagainstchristians.eu). Die Leiterin, die Juristin Frau Dr. Gudrun Kugler, merkt an:

Seit einiger Zeit erleben wir in Europa ein starkes Anwachsen von Diskriminierung gegenüber Christen, das jedoch in der Öffentlichkeit kaum thematisiert wird. Wir möchten dazu beitragen, dass diese Fälle nicht einfach übersehen oder vergessen werden.

Unsere Aufmerksamkeit gegenüber einer schleichenden Marginalisierung [Ausgrenzung] von Christen ist wichtig. In Europa werden Christen nicht vertrieben und umgebracht, aber muss es erst so weit kommen? Von Anfängen kann in Europa längst keine Rede mehr sein. Wir haben bereits Tausende solcher Fälle dokumentiert. Dass es sich dabei nicht um „bedauerliche Einzelfälle“ handelt, kann man vor allem darin sehen, dass die Diskriminierung mittlerweile bis in die Legislative [Gesetzgebung] vorgedrungen ist. Als Ergebnis einer unserer längerfristigen Studien konnten wir insgesamt 42 Gesetze in 15 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union offenlegen, die die freie Ausübung des christlichen Glaubens einschränken. Das betrifft u. a. die Gewissensfreiheit, Elternrechte, die Redefreiheit und die Privatautonomie. (Stimme der Märtyrer, Juli 2016)

In einem Gastkommentar der Wiener Zeitung äußerte sich der Bonner Philosophie-Professor Thomas S. Hoffmann 2009 zur Entwicklung in Europa mit den Worten: „Der Seismograph Religionsfreiheit schlägt wieder öfter aus.“ Weiter ist zu lesen:

Ein recht junges Phänomen etwa ist die Tatsache, dass die Politik in Europa gerade zu der eigenen Mehrheitsreligion immer deutlicher auf Distanz geht, ja sie mitunter brüsk attackiert. Da werden (in Großbritannien) Religionsgemeinschaften zur Beschäftigung Andersgläubiger in ihren eigenen Einrichtungen genötigt, während zugleich ihre Symbole aus der Öffentlichkeit verschwinden sollen [eine Kirche musste die Aufschrift „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ wieder entfernen]. Da wird dem Pflegepersonal (in den Niederlanden) das Recht bestritten, aus Gewissensgründen die Teilnahme an Abtreibungen und Euthanasie zu verweigern. Da werden (in Schweden) Volksverhetzungs-Paragrafen dazu benutzt, die Sonntagspredigt zum Thema Homosexualität politisch auf gewünschtem Kurs zu halten. Das Thema „Christianophobie in Europa“ beschäftigt inzwischen die Organe der OSZE. (www.wienerzeitung.at, 16.7.2009)

Hier einige praktische Beispiele aus jüngster Zeit, stellvertretend für viele andere, die Hoffmanns Beobachtungen illustrieren:

a) Verurteilung wegen Straßenpredigt. Zwei britische Christen waren verhaftet worden, nachdem sie im Juli 2016 auf der Straße gepredigt und öffentlich Bibelverse zitiert hatten. Der Staatsanwalt argumentierte, dass Jesus nicht der einzige Weg zu Gott sei oder der einzige Gott sein könne. Die Zuhörer seien aufgrund des Gehörten aufgebracht gewesen, und die Polizei meinte, sie seien zu weit gegangen. Einer der Verurteilten äußerte zum Gerichtsurteil:

Ich bin schockiert, dass Gottes Botschaft der Liebe jetzt als „hasserfüllt“ und „gefährlich“ gesehen wird! (www.livenet.ch, 6.3.2017)

b) Entlassung wegen „Missionierung“. Im britischen Gesundheitswesen mehren sich Fälle, in denen Menschen christlichen Glaubens ihren Arbeitsplatz verlieren, nur weil sie jemanden zu religiösen Veranstaltungen eingeladen oder religiöse Äußerungen gemacht haben. Missionierungsversuche werden als „Einschüchterung“ verurteilt.

Die Meinungsfreiheit bei Themen wie Abtreibung und Homosexualität ist längst eingeschränkt.

c) Kein Medizinstudium ohne Abtreibung. Die Meinungsfreiheit bei Themen wie Abtreibung und Homosexualität ist längst eingeschränkt. In Frankreich etwa gehört das Mitwirken bei einer Abtreibung zu den verpflichtenden Teilen des Medizinstudiums. Studenten, die sich aus Gewissensgründen weigern, daran teilzunehmen, können ihr Studium de facto nicht beenden. Das kommt einem Berufsverbot gleich.

d) Keine Heimschule in Deutschland. Auch im Kernland der Reformation, in Deutschland, wird es für Christen zunehmend schwieriger. Familien, die eine christliche Erziehung ihrer Kinder an staatlichen Schulen vermissen oder eine Frühsexualisierung ihrer Kinder durch die radikal-feministische Gender-Ideologie ablehnen und ihre Kinder daher zu Hause unterrichten, bekommen es unter Umständen sogar mit der Polizei zu tun. Bisher unterrichten in Deutschland etwa 500 Familien aus Bibel- und Glaubenstreue ihre Kinder selbst. Sie werden durch Bußgelder und im Extremfall sogar mit „Sorgerechtsentzug“ (was nichts anderes ist als Beschlagnahmung der Kinder durch den Staat) Einige Familien mussten vorher emigrieren, u. a. nach Österreich, weil hier keine Schulpflicht, sondern nur Unterrichtspflicht besteht, und daher Heimschule (noch!) möglich ist. (Zeit-Ruf, Internationale Arbeitsgemeinschaft Bekennender Christen, 2/2007)

e) Diskriminierung und Gewalt. Sogar gewalttätige Übergriffe auf Christen, Kirchen und Friedhöfe, antichristliche Beschimpfungen oder Diskriminierung am Arbeitsplatz werden seit einigen Jahren berichtet. In einer Erhebung für 2014/15 steht Frankreich mit 63 Vorfällen – vor allem Zerstörung von Kirchen und Friedhöfen – einsam an der Spitze, gefolgt von Deutschland mit 20, Italien mit 14 und Großbritannien mit 13 Fällen. Im Jahr 2014 kam es in Europa zu 150 Fällen, 2015 waren es bereits 180. (Dokumentationsarchiv der Intoleranz gegen Christen, Bericht vom 28.6.2016)

f) Benachteiligung christlicher Studentengruppen. Viele Studentenvertretungen und Hochschulleitungen in Deutschland verweigern christlichen Gruppen aus weltanschaulichen Gründen die Zulassung als Hochschulgruppe. Die Zulassung ist notwendig, um Universitätsräume für Versammlungen und Vorträge nutzen zu können. Allein die „Studentenmission in Deutschland“ (SMD) berichtet von 21 Fällen in den vergangenen vier Jahren, in denen ihre Gruppen keine Akkreditierung erhielten. Beklagt wird die Missachtung der grundgesetzlichen Religions- und Meinungsfreiheit. („Die Religionsfreiheit an Unis ist in Gefahr“, idea.de, 17.3.2017)

Da Medien eher Einschaltquoten im Auge haben, berichten sie häufig nicht, was Sache ist.

g) Tendenziöse Darstellung in den Medien. Da Medien eher Einschaltquoten und Leserzahlen im Auge haben, berichten sie häufig nicht, was Sache ist. Da wird in reißerischer Art und Weise von einem Einzelereignis berichtet – ein Prediger in den USA, der den Koran verbrennen wollte –, das dann doch nicht geschieht. Dass zeitgleich weltweit ständig Bibeln und Kirchen, ja bisweilen auch Christen verbrannt werden, ist den Nachrichtenmachern kaum eine Meldung wert. Manche Medien haben in jüngster Vergangenheit gewaltbereite Moslems und gläubige Christen in denselben „fundamentalistischen Topf“ geworfen – ob unbedacht oder aus Kalkül, das sei dahingestellt. Fehlinformationen, Halbwahrheiten und Verspottung des christlichen Glaubens sind in der Zwischenzeit an der Tagesordnung, möglicherweise mit dem Ziel, die Bevölkerung dagegen einzunehmen. Das Gefährliche daran ist, dass es in der Regel nicht dabei bleibt: Fehlinformation und Diskriminierung waren in der Vergangenheit (und sind bis heute) die Vorstufen zu aktiver Verfolgung. (www.thomasschirrmacher.info/archives/1683)

Die Zukunft der Religionsfreiheit

Ellen White hat uns bereits vor 120 Jahren wissen lassen, was kommt:

[Satan] arbeitet daran, die Glaubensfreiheit einzuschränken und in der religiösen Welt eine Form der Sklaverei einzuführen. (Testimonies to Ministers, 366)

Es wird eine neue religiöse Weltordnung geben, und da führt kein Weg an Rom vorbei. Das Papsttum wird im Zuge der Neuen Weltordnung seine Vorherrschaft zurückgewinnen und seine Grundsätze auf der ganzen Erde umsetzen.

Wir leben jetzt, bis die Neue Weltordnung eindeutig steht, in einer gefährlichen Übergangszeit. Wir wissen aus Offenbarung 13, dass wir als bekenntliches Volk Gottes von „Babylon der Großen“ nichts Gutes zu erwarten haben, schon gar nicht dann, wenn wir die dritte Engelsbotschaft mit aller Deutlichkeit verkündigen: „Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet …“ (Off 14,9) Doch angesichts der wenig erfreulichen Aussichten im globalen Weltgetriebe sollen wir den Mut nicht sinken lassen, denn Gott hat in solchen Zeiten immer zugunsten seines Volkes und seiner Wahrheit eingegriffen.

Wenn die Missachtung des Gesetzes Gottes sich fast weltweit ausgebreitet hat, wenn den Gläubigen von ihren Mitmenschen Leid zugefügt wird, dann wird Gott eingreifen. Die eindringlichen Gebete seiner Anhänger werden erhört. (Ellen White, Christus kommt bald, 109)

In die Offensive gehen!

Doch sind wir heute gefordert zu tun, was wir noch können:

Wer die Gebote Gottes befolgt, muss sich rühren, damit er die besondere Hilfe erfährt, die allein Gott geben kann. Er sollte noch ernsthafter arbeiten, um das drohende Unheil so lange wie möglich hinauszuzögern! (Ellen White, Review and Herald, 18.12.1888)

Der Geist der Weissagung fordert uns auf, als treue Wächter nicht untätig zu bleiben. In welcher Weise sind wir heute gefordert? Wir sollen nicht, wie es viele tun, die Köpfe in den Sand stecken, sondern diese Entwicklungen beobachten und Widerstand leisten, so lange es noch möglich ist. Christliche Autoren rufen dazu auf, Einfluss zu nehmen: in den Schulen, in den Medien, ja womöglich sogar auf die Legislative.

Wir können dabei mit Christen unterschiedlicher Prägung zusammenarbeiten, aber niemals – das sei betont – unter Preisgabe der biblischen Wahrheit und der Adventbotschaft. Wir wollen uns immer daran erinnern, dass Gottes Volk der Endzeit seine Kennzeichen sichtbar machen muss:

Hier ist das standhafte Ausharren der Heiligen, hier sind die, welche die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus bewahren! (Offenbarung 14,12)

„Sie sind ein Fundamentalist!“ – „Jawohl, ich habe ein festes Fundament.“

Wir sollten mehr von der Defensive in die Offensive gehen. Wir sollten die Abwehrhaltung aufgeben, wenn wir von der Welt als intolerant, ewig-gestrig oder gesetzlich hingestellt werden. „Sie sind ein Fundamentalist!“ – „Jawohl, ich habe ein festes Fundament. Es ist die Heilige Schrift und das Evangelium von Jesus Christus.“ Wir können ganz klar sagen, dass wir für die Menschen das Beste vertreten, nämlich dass sie mit Gott ins Reine kommen und wieder heil werden.

Unser missionarischer Eifer sollte wachsen in Anbetracht dessen, dass uns womöglich nicht mehr viel Zeit bleibt. Schöpfen wir alle Möglichkeiten aus, die wir heute noch haben, aber morgen vielleicht schon nicht mehr! Ellen White schreibt über das Gebet:

Wir tun nicht Gottes Willen, wenn wir ruhig dasitzen und nichts tun, um die Gewissensfreiheit zu erhalten. Ernste, kraftvolle Gebete sollten zum Himmel aufsteigen, damit dieses Unheil so lange abgewendet wird, bis wir das Werk vollenden können, das lange vernachlässigt worden ist. Wir sollten von ganzem Herzen beten und dann unseren Gebeten entsprechend handeln. (Testimonies for the Church, 5:714)

Wir dürfen heute schon von unseren Brüdern und Schwestern in den Verfolgungsländern lernen, wie Gottes Gnade sie durch diese schwierige Zeit hindurchträgt und ihren Glauben stark macht! Sie machen in ihrer Not viel mehr und größere Erfahrungen mit Gott als wir im Westen.

Die Gewissensfrage, mit der jeder von uns heute konfrontiert ist, lautet: Bin ich bereit, für meinen Glauben einzutreten? Bin ich bereit, Nachteile und Konflikte in Kauf zu nehmen? Diese Entscheidung müssen wir im Vorfeld schon treffen – in der Verfolgungssituation könnte es zu spät sein.

Möge der Herr uns beistehen, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen und das Feld behalten!